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Mut zur Umkehr – Carl Weyprecht

Mit acht Jahren wollte ich Seemann werden und zeichnete  mit großer Begeisterung Nixen und Segelschiffe auf meine Unterarme. Nun – Seemann bin ich nicht geworden –  aber der Polarforscher Carl Weyprecht mit seinem Schiff, der Admiral Tegetthoff, hat mir sofort gefallen. Allerdings haben mich dann sein Mut und seine Konsequenz noch mehr beeindruckt als sein Seemannsstatus.

Carl Weyprecht (* 8. September 1838 in Darmstadt; † 29. März 1881 in Michelstadt), der in Darmstadt das Gymnasium und später die Höhere Gewerbeschule besuchte, ist weit gereist: Nach Mexico, an die Adriaküste, nach Tunis, aber eigentlich wollte er schon als Schüler in die nördliche Polarregion. Und dabei ging es auch immer um den Traum, eine offenen Seepassage, wenn möglich nach Japan, zu finden. Dies war auch der Grund, warum er in Darmstadt die Höhere Gewerbeschule besuchte, – eine Vorläuferin der TH – um seine mathematischen Kenntnisse zu vertiefen. Die Chance, seinen Traum zu verwirklichen, erhielt er 1872: Zusammen mit dem Geographen Julius Payer leitete er die österreichisch-ungarische Polarexpedition und startete von Bremerhaven, um in die Barentssee fahren zu können. Leider wurde das Schiff am 21. August 1872 im Eis eingeschlossen und driftete nach Nordwesten. 

 

Am 30. August sichtete man im Norden Land, dem Weyprecht den Namen „Kaiser-Franz-Joseph-Land“ gab. Während Julius Payer mit einem Teil der Mannschaft die Expedition auf dem Festland fortsetzte, blieb Weyprecht auf dem Schiff im Treibeis zurück. Die Lage auf dem Schiff wurde währenddessen immer schwieriger. Als Payer zurückkam, beschloss Carl Weyprecht, das Schiff im Eis zurück zu lassen und mit seiner Mannschaft den gefährlichen Weg über die unberechenbaren Schollenfelder anzutreten. Und das beeindruckt mich so an ihm: Bei vielen berühmten und leider oft in der Konsequenz tragischen Expeditionen stellte sich die Frage nach der Umkehr. Aber oft fehlte es an Entschlusskraft und vielleicht auch an einer Art von Mut, denn man hatte ja schon so viel investiert. Für sich allein mag man ja solche Entscheidungen treffen, aber Carl Weyprecht war für seine Mannschaft, 24 Männer, verantwortlich

 

 

Er hielt eine derart überzeugende Rede vor seiner Mannschaft, dass alle ihm folgten – zum Glück – denn er brachte alle bis auf einen Mann heil zurück. Über drei Monate waren die Männer unterwegs, bis sie am 24. August 1874 vor der sibirischen Küste vom russischen Fischereischoner Nikolaj in einer Bucht der Insel Nowaja Semlja an Bord genommen wurden.     

Bevor sie aufbrachen, schrieb Weyprecht einen Bericht und steckte ihn in eine Flaschenpost, die 104 Jahre später wieder gefunden wurde. Gefunden wurde die Botschaft vom russischen Wissenschaftler Wladimir Serow auf der zum Franz-Josef-Land gehörige Insel Lamont, rund tausend Kilometer nördlich von Sibirien im Polarmeer gelegen.