Es war alles so schön geplant: Am 25. April 2020 wäre sein 100ster Geburtstag gewesen und Darmstadt wollte das feiern mit
unterschiedlichsten Ausstellungen an 11 Orten, alles Dokumentationen der großen Bandbreite seiner Werke: den Zeichner, Künstler und Grafiker Helmut Lortz. Vor allem für
das Heinerfest waren viele Aktivitäten rund um die beliebten, von Lortz gezeichneten Sympathiefiguren geplant – aber Corona kam dazwischen. Die Ausstellungseröffnungen im April
wurden zunächst verschoben, das Heinerfest fiel aus, bzw. geschrumpft und vieles andere wurde vertagt.
Aber trotz allem: Helmut Lortz wird gefeiert!
"Wer Augen hat zu sehen, der zeichne."
Dieses Zitat von Helmut Lortz trifft es auf den Punkt.
Als visuell veranlagter Mensch sah und setzte er um, was er sah, vor allem in Linien und grafische Formen – und das mit viel Humor.
Um etwas mehr über den Menschen Helmut Lortz zu erfahren, traf ich mich im Februar mit Claus Netuschil in der Galerie Netuschil.
Claus Netuschil war mitten im Thema, denn zu diesem Zeitpunkt musste er Kataloge, Einladungen und zahlreiche Texte für die ganzen Ausstellungen verfassen und das unter hohem Zeitdruck.
In einem fulminanten und immer wieder durch Galeriebesucher unterbrochenen und doch spannenden Vortrag zu Lortz breitete er eine riesige Anzahl von
Fotografien, Zeichnungen und Artikeln vor mir aus. So schnell konnte ich gar nicht fotografieren, wie ein Blatt dem anderen folgte. Mit leicht brummenden Schädel verließ ich später die
Galerie.
Aber ich hatte erhalten und erfahren, was ich so dringend für das Porträt brauchte, denn: Es gab zu diesem Zeitpunkt nicht viel Material zu Helmut Lortz, vor allem nicht im Internet. Ein Problem,
das mir des öfteren bei meinem dritten und letzten Kalender begegnete. Nun zu Helmut Lortz:
Viele Darmstädter kennen die Sympathieträger des Heinerfestes: heitere Figürchen, die seit Jahrzehnten das beliebte Volksfest begleiten. Der Zeichner, Helmut Lortz, war ein Meister der Linie und noch vieles mehr: Designer, Allroundkünstler, Professor für experimentelle Grafik an der Hochschule Berlin, Gründungsmitglied der Gruppe NOVUM, sowie Mitglied der Alliance Graphique International.
1920 in Schneppenhausen geboren, zog seine Familie 1923 nach Darmstadt-Arheilgen. 1935 studierte Lortz Elfenbein- und Holzschnitzerei in Erbach. Es folgte ein Stipendium für Bildhauerei in Berlin. Nach dem Krieg und russischer Kriegsgefangenschaft freundete er sich mit Karl Heinz Reinheimer an. Diese Freundschaft führte dazu, dass er später in einer Kooperation mit der Druckerei Ensslin und Laiblin in Reutlingen alles rund um Buchdruck, Satz und Gestaltung erlernte.
Er begann mit der Gestaltung von Signets, Prospekten und Buchumschlägen, darunter Arbeiten für die Darmstädter Sezession, die unvergessenen „Darmstädter Gespräche“, sowie die Gestaltung des deutschen Pavillons zusammen mit Wilhelm Loth bei der Weltausstellung in Brüssel 1958. Der sehr lebendigen, kreativen Szene der 50-er Jahre ist vor allem der sogenannte „Saustall“, sein Atelier in Arheilgen, als sprudelnde Ideenschmiede in Erinnerung. Hier traf sich die Darmstädter Szene, aus der auch der spätere Künstlerkeller im Schloss hervorging: Wilhelm Loth, Eberhard Schlotter, Hans Ulrich Engelmann, Erich Kästner, Georg Hensel und andere. Von 1952 bis 1959 leitete Lortz die Klasse für Gebrauchsgrafik an der Werkkunstschule Darmstadt. Ab 1959 folgte die Professur in Berlin.
Dort entwarf er auch das Logo für die Funkausstellung in Berlin sowie für die Hochschule der Künste Berlin.
Helmut Lortz war immer voller Ideen, immer in Bewegung.
Seinen Freunden bleibt Helmut Lortz als engagierter, humorvoller und liebenswürdiger Mensch in Erinnerung.
Es hätte ihn sicher zum Schmunzeln gebracht, dass sich seine „Heinerfestmännchen“ nun auch auf Ampeln tummeln.
Ich danke herzlich Claus Netuschil für das spannende Gespräch sowie die Unterstützung bei der Erstellung des Porträts.