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Vom Alt-werden

Lieber Erich,

 

heute versendet Damjan die Karten zu deinem Gedicht "Alte Frau auf dem Friedhof".
Das mit dem Älter-werden ist so eine Sache. Als ich Kind war, galt eine Frau mit 60 als alt. In der Regel trug sie dann auch die entsprechenden Kleider, Schuhe und Frisur, ganz auf Oma getrimmt, eine Art "Auslaufmodell", anspruchslos, gütig oder nervend, je nach Veranlagung. Als Hintergrundgeräusch das Ticken der damals noch üblichen Standuhren und eine dunkel rustikale Wohnzimmereinrichtung dazu.
Heute ist 60 kein Alter. Die Leute werden später älter: Gesundheit, Fitness und der mentale Faktor verschieben die Altersgrenzen. Und das ist schön so. Schließlich wollen wir uns ja unseres Lebens freuen und mit Ü60 wissen wir das vielleicht noch einmal anders zu schätzen. Ändert aber nichts daran, dass die Gesundheit mitspielen muss. Wenn die Zipperlein plagen und Thema Nr. 1 bei Begegnungen werden, zeigt es, das wir den ewigen Jungbrunnen nicht gepachtet haben. Und neben den Zipperlein sind da ja auch die Ablagerungen, die ein Leben hinterlässt.
Aber ich denke, lieber Erich, da sind wir uns auch heute einig:
Wir wollen im Alter nicht täglich auf den Friedhof gehen, um auf den Tod zu warten. Dafür ist das Leben dann doch zu schön ;-)

 

In diesem Sinne, Grüße in die Wolken,

 

Deine Nicole